Der Vorteil eines PA-Horntops liegt auf der Hand: Extremer Gewinn an Wirkungsgrad und Maximalpegel, geringe Verzerrungen. Die uns bekannten Selbstbauprojekte in diese Richtung haben unserer Meinung nach entweder das Problem, dass sie sehr kompliziert zu bauen sind oder einen katastrophalen Frequenzgang aufweisen, dessen aktive Begradigung kaum mehr sinnvoll ist. Wir denken, dass wir mit unserem Horizon-Horntop beide Herausforderungen sehr gut bewältigen konnten und gleichzeitig eine rare Möglichkeit eröffnen, die vor allem für große Outdoor-Veranstaltungen interessant sein dürfte: Das Horizon-Horntop ist Line-Array-tauglich!
Weiterlesen: Line-Array-taugliches Horntop: Jetzt wirds ernstIdee und Chassis
Das primäre Ziel dieser Entwicklung war einen möglichst hohen Wirkungsgrad zu erzielen, bei gleichzeitig geringen Kosten und einem Aufbau der mit einfachen Mitteln nachgebaut werden kann. Außerdem war uns wichtig, dass das Horntop tief genug einsetzbar ist um es direkt, ohne Kickfills, an die Subwoofer anzukoppeln zu können.
Für den Mittelton haben wir uns für den 81FINDX4 entschieden. Neben dem ausgezeichneten Preis-Leistungsverhältnis machen das Chassi für uns vor allem die hohe Resonanzfrequenz von 94Hz (und der entsprechend hohe Wirkungsgrad), die Belastbarkeit von 400W Programm und die mustergültigen Klirrwerte bis in den Hochtonbereich interessant.
Im Hochton wird es ein wenig teurer. Hier haben wir uns dafür entschieden zwei 140NCDX4 in einem horngeladenen Doppel-Line-Array-Waveguide zu verheiraten. Das hat verschiedene Gründe:
1. soll eine zeitrichtige Abstrahlung des Hochtons über die ganze Höhe des Mitteltonhorns das Konzept insgesamt Line-Array-fähig machen. Single-Line-Array-Waveguides decken i.d.R. nicht die notwendige Höhe ab.
2. hängt ein glasklarer Klang wesentlich von der Hochtonperformance ab. Der Frequenzbereich in dem das menschliche Ohr besonders empfindlich ist liegt fast vollständig im Bereich unserer Hochtöner. Bei dem angestrebten Festival-Pegel würde ein einzelner 1,4″-Druckkammertreiber, wenn überhaupt noch, unangenehme Verzerrungswerte aufweisen.
3. Die etwas teureren Neodym-Treiber haben wir ausgewählt, da sie eine etwas bessere Performance im Brillianz-Bereich aufweisen als die 140FCD und schlichtweg weil sie einen deutlich geringeren Durchmesser haben und dadurch die Magnetkreise nicht so nah aneinander montiert werden müssen, dass sie sich gegenseitig beeinflussen.
Berechnung
Das Mittelton-Horn sollte, wie bereits gesagt, direkt an einen Bass ankoppelbar sein. Dafür sollte es in der PA-Praxis mindestens unter 150Hz einsetzbar sein. Wir haben uns für eine Hornlänge von knapp 70cm entschieden die eine theoretische untere Grenzfrequenz von etwa 125Hz ermöglichen sollte. Zugunsten des einfachen Aufbaus ist die Öffnungsfunktion des Horn konisch und beträgt genau 90° horizontal. Vertikal öffnet sich das Horn durch zwei Stufen von 18 auf 24cm. Dadurch wird der Hornvorsatz recht groß, aber punktet wiederum mit einem erstaunlichen Wirkungsgrad. Die Druckkammer ist so klein gehalten wie irgend möglich und die Horn-Halsfläche beträgt etwa 44% der Membranfläche des Chassis. Nach Hifi-Lehrbuch sind hier eher 60% anzustreben um ein gutes Verhältnis aus Wirkungsgrad und Klirr zu erzielen. Wir haben uns hier für etwas mehr Wirkungsgrad entschieden, da die Klirrwerte für den PA-Betrieb ohnehin weit davon entfernt sind störend aufzufallen.
Im Ergebnis hat unser Mitteltonhorn einen Wirkungsgrad von etwa 105dB und erzielt maximale Pegel von 130dB bei einer Einsetzbarkeit von 130-1300Hz. Ja, das lässt sich mittels Horn aus einem eher klein gewachsenen 8-Zöller für 35 Euro herauskitzeln.
Design
Um keine komplizierten Winkel oder Biegesperrholz-Arbeiten vorauszusetzen ist die horizontale Öffnungsfunktion, wie gesagt, mit 90° angesetzt. Dadurch können die Grundplatten des Hornvorsatzes im wesentlichen aus einem rechteckigen Brettern gewonnen werden. Die Seiten müssen dadurch lediglich mit einer 45° Fase versehen werden, was sowohl mit Kreissäge als auch Oberfräse leicht machbar ist. Aufgrund der steilen horizontalen Öffnung haben wir uns dazu entschieden den Hornmund horizontal radiusförmig zu konzipieren, da ansonsten die Länge des Horns in der Mitte und an den Rändern stark variieren würde.
Die geringe maximale Höhe der Fläche des Hornhalses von 18cm musste Richtung Mund hin auch vergrößert werden,
1. da ansonsten der Hornvorsatz weniger Hoch gewesen wäre als die Box und daher das angestrebte “Line-Array-Stapeln” nicht möglich gewesen wäre.
2. da der vertikale Abstrahlwinkel sonst eine Beschränkung in der Praxistauglichkeit bedeutet hätte.
3. damit wir unseren mächtigen Doppel-Line-Array-Waveguide in dem Horn verbauen können.
Um auch hier möglichst wenig Schreiner-Utensilien vorauszusetzen haben wir die vertikale Öffnung mit Stufen designed.
Das Chassi selbst sitzt in einer einfachen 6-Bretter-Kiste. Es wird normal von außen eingeschraubt, allerdings so tief in der Schallwand versenkt, dass der Schaumstoff gerade noch einen guten Millimeter herausguckt. Der Hornvorsatz selbst hat am Hals ein Brett angebracht, das genau die Halsfläche ausgeschnitten und die Außenmaße der Schallwand hat. Durch ein Aufschrauben des Hornvorsatzes an die Schallwand werden beide Teile miteinander verheiratet. Die Druckkammer entsteht durch die Einlassung des Chassis in der Schallwand.
Das Hochtonmodul wird schließlich koaxial am Hornmund angebracht. Wir hatten uns dabei zunächst Sorgen über Reflektionen und ähnliches gemacht, die negativen Einfluss auf das Mitteltonhorn haben könnten. Aufgrund der riesigen Mundfläche sind die Effekte des Hochtonmoduls auf den Mittelton jedoch messtechnisch irrelevant. Auf Achse fällt das Mitteltonhorn etwas früher im Hochton ab, allerdings in einer Frequenz in der sowieso die Hochtöner übernehmen sollen. Dafür sparen wir viel Platz und haben eine super Punktschallquelle. Mögliche Zeitprobleme zwischen den beiden Wegen sind uns egal, da wir das Horntop “bi-ampen” und dadurch per DSP das Impulsverhalten anpassen können. Die Impulsunterschiede sind allerdings so marginal, dass es auch problemlos möglich wäre, die Wege grob passiv zu trennen und sich damit jeweils einen DSP- und Amp-Kanal zu sparen.
Das Hochtonhorn wird schließlich mit zwei Brettern im Mitteltonhorn angebracht die sich konisch Richtung Hochtontreiber verjüngen. Kurze Hölzer, an denen das HT-Horn seitlich festgeschraubt werden kann sind notwendig, unsere langen “Quasi-Gehäuse” sollen eher optisch verhindern, dass der Lautsprecher nackt, bzw. unfertig aussieht.
Die äußere Form haben wir so gelassen, da uns diese Optik gefällt. Es spricht allerdings auch nichts gegen andere Designs, wie etwa ein zusätzliches Außengehäuse. Allerdings müsste das Chassi dann von hinten eingeschraubt werden.
Aufbauanleitung und Messungen folgen…